Das Projekt

Das Autorenteam Beate Dölling und Didier Laget über ihr erstes gemeinsames Buch, das an vielen Orten entstand

Als Schriftsteller ist man frei. Mit einem Laptop noch freier. Den kann man überall mitnehmen und an allen möglichen Orten arbeiten.
Didier und ich haben das Buch „Nichts geht ohne Onkel Oskar“, nicht nur an verschiedenen Orten geschrieben - Spanien, Schweiz, Deutschland, Frankreich – sondern waren dabei auch in mehreren Sprachen unterwegs: Englisch, Französisch, Deutsch.

Unsere gemeinsame Sprache ist Englisch. Ich spreche kein Französisch (noch nicht) Didier ein bisschen Deutsch.
Jeder von uns schreibt in seiner Muttersprache, Didier übersetzt seine Parts ins Englische für mich und ich übersetze sie ins Deutsche, da das Buch ja zuerst in Deutschland erscheint.
Ein Alptraum? – Im Gegenteil, eine Bereicherung!

Einfluss nehmen auch die jeweiligen Orte, an denen wir schreiben: ohne Figueres, Berlin, Luzern und all die anderen Stationen, an denen wir uns zum Schreiben treffen, wäre die Geschichte eine andere geworden!

Figueres
Wir treffen uns am Bahnhof. Bea kommt aus Berlin, ich aus Paris. Wir gehen erst mal spazieren. Im Park besprechen wir, wie wir die gemeinsamen Schreibtage gestalten. Mindestens drei Stunden am Tag wollen wir am Roman arbeiten.
In dem alten Bauernhaus, das wir gemietet haben schreiben, wimmelt es von Käfern. Wir schreiben in verschiedenen Zimmern, bei offener Tür: Ich in der Küche, am krummen Holztisch; Bea nebenan, mit Ausblick über weite Felderebenen, auf die Pyrenäen. Wenn wir nach einer Schreibphase einen Ausflug machen, reden wir darüber, wie die Geschichte weitergehen soll. Sobald wir zurück sind, saugen wir die Käfer weg und schreiben weiter.

Berlin
In Berlin schlurfen wir durchs Laub, obwohl es in unserem Roman Frühling ist. Wir spielen verschiedene Szenarien durch, überlegen, was wir unseren Charakteren alles zumuten können. Manchmal albern wir ziemlich herum, lachen über die verstrickten Situationen, in die wir sie bringen. (Kriemhild verknallt sich in den blöden Kai und Chico, der zugelaufene Hund soll Piep, den Wellensittich fressen).
Zu Hause wird dann aber ganz seriös (und blutrünstig) am Text weiter gearbeitet.

Luzern
Die Cafeteria im Kunst-Haus ist leer und still. Von meinem Tisch aus sehe ich den Vierwaldtstätter See und die Alpen. Es ist ein idealer Platz zum Schreiben. Ich schlage meine rote Kladde auf und lese meine Notizen: „Onkel Oskar ist gerade aus Marokko wiedergekommen. Er hat dort eine Wüstentour gemacht, Dünen-Töne aufgenommen.“
Und plötzlich - wer hätte es gedacht? – in diesen harmlosen Sätzen stecken die ersten Übersetzungs-Probleme. In Französisch heißt Onkel Oskar „oncle Oscar. Aber wie schreibt er sich im Deutschen? „Uncle Oscar, Oncle Oskar oder Unkle Oskär? – Ich kann es mir einfach nicht merken. Dabei ist er doch ein Held in unserer Geschichte!
Das Bedürfnis nach Coffein steigt. Was sagt man denn in der Schweiz? Kafé?, café, cofee? Ich bestelle mir einen Espresso. Das ist einfacher.

Tours
Man muss nicht immer am Tisch sitzen um zu schreiben. Außer unseren Laptops haben wir noch unsere Kladden. Mit denen kann man sich wunderbar aufs Sofa flegeln. Der Geschichte ist es schließlich egal, wie sie aufs Papier kommt. Hauptsache, sie kommt.

Puymeras
Vom Fenster des Hauses aus, mit Blick auf den Mont Ventoux, Vaison la Romaine und Hügel voller Olivenbäume, können wir die Winzer sehen, wie sie die Weinernte zur Kooperative bringen. Die Luft riecht säuerlich, nach gepressten Trauben. Ich schreibe auf der Dachterrasse. Bea arbeitet im Zimmer unter mir, vor offenem Fenster. Zwischen uns ist eine steile alte Steintreppe. Um uns nicht unsere Hälse zu brechen, tauschen wir unsere Texte lieber per Wifi aus. Das ist modern.
Onkel Oskar und seine Familie sind so sehr Teil meines Lebens geworden, dass ich mich nicht wundern würde, wenn er hier auftauchte, mit Hund, Chico, seinen Nichten und Neffen in seinem schrottreifen Mercedes. „Wir waren zwei Tage unterwegs“, würde er sagen und sich umsehen. Schön, dass wir jetzt da sind.“
Oliver, einer der Neffen, würde am Brunnen Fußball spielen, mit den anderen Kindern aus dem Dorf.

Grau du Roi
In Grau du Roi haben wir ein Hotel direkt am Meer. Wir schreiben auf der Terrasse (oder auf dem Hotelbett) und gehen in den Pausen baden. Unsere Charaktere lassen wir derweil auf dem Trockenen.

La Rochelle
Wir sitzen auf der Hafenmauer und lassen die Beine baumeln. Da kommt auf einmal unser Held angesegelt: Dieser Mann da, auf dem Boot, sieht aus wie unser Onkel Oskar, von den Schuhen bis zu den Haaren, von der Jeans bis zum Hemd! Uns ist sofort klar, dass wir ihn mitsamt dem Segelboot in den nächsten Band aufnehmen: Da wird Onkel Oskar eine Segeltour machen!